Qualitätssicherungbeirat – weiter gehts

Im heurigen Sommer hat der Prozess für die nächste Planungsphase am Nordbahnhof begonnen. Für die Baufelder 2, 3 und 6b2 wurden Wettbewerbe ausgelobt.

Die Teilnehmer_innen hatten am 18. Oktober im Rahmen einer Veranstaltung die Möglichkeit nähere Infos zum Gebiet zu bekommen und Fragen zu stellen.

Die IG Lebenswerter Nordbahnhof wurde wieder eingeladen eine Eröffnungsrede zu halten. Beatrice Stude hat, wie beim letzten Mal, die Gelegenheit ergriffen und wichtige Inputs für diese Wettbewerbsphase mitgegeben.

Auf Baufeld 3 befindet sich auch der Mistplatz, deswegen hat Beatrice Stude das Konfliktthema „neuer Müll/Mistplatz/Altstoffsammelzentrum/Stelle angesprochen. Denn obwohl sachlich andere Lösungen, als an der Innstraße möglich sind, gibt es seit über einem Jahr ein politisches Patt und die Entscheidung wurde vertagt.

Bei der Veranstaltung, genannt Kolloquium, wurde das Leitbild Nordbahnhof präsentiert und Experten haben zu der Lärm & Windproblematik Stellung genommen. Dabei war vor allem der Lärmgutachter sehr deutlich und hat speziell bei Baufeld 2 & 3 die hohe Lärmbelastung entlang der Dresdner & Nordbahnstraße hervorgehoben. Wir hoffen sehr, dass die Planungsbüros hier allerdings keine Bullaugen anstatt Fenster vorsehen, sondern mit unterschiedlichen Nutzungen arbeiten. Ein weiteres Thema war der Schattenwurf der Hochhäuser. Bei der enorm dichten Bebauung sind hier klugen Lösungen notwendig um der Bauordnung zu entsprechen.

Wichtig ist uns hier wieder die ganzheitliche Betrachtungsweise. Speziell die Schnittstelle Nord & Nordwestbahnhof ist von hoher Bedeutung. Hier gibt es das Potenzial eines neuen Zentrums der beiden Bezirke Leopoldstadt und Brigittenau.

Unter den Gästen waren viele renommierte Architekturbüros, deswegen freuen wir uns schon auf die Ergebnisse. Am 25. Jänner ist Jurysitzung, nach Ende der Sperrfrist werden die Siegerprojekte präsentiert.
Bei den letzten Wettbewerben sind sehr gute Projekte entstanden, man darf also gespannt sein.

Aber hier nun die Rede von Beatrice Stude:

Sie. Sie. Sie alle tragen Verantwortung!

Verantwortung für unsere Lebensqualität, für unsere Zufriedenheit.

Sie planen, entscheiden, genehmigen und bauen. Unser Alltagsumfeld, unseren Lebensraum. Ich darf hier stellvertretend stehen, stellvertretend für die Menschen am Nordbahnhof. Die Menschen die hier leben, leben werden und künftige Generationen. Ich steh hier stellvertretend für die IG Lebenswerter Nordbahnhof.

Sie sind die nächsten Jahre hier beschäftigt.
Wir sind die nächsten Jahrzehnte hier. Wir leben hier!

Deswegen wollen wir unser lokales Expertenwissen einbringen. Wir wollen unsere Zukunft mitgestalten. Und bringen unsere Anregungen ein.

Vielleicht kommt Ihnen das gerade Gesagte bekannt vor, bis hierher ist es dieselbe Rede, dich ich bereits beim ersten Kickoff gehalten habe. Die Rede ist nach wie vor gültig. Wie auch die Schlagworte hinter mir, Schlagworte, was wir für das Nordbahnviertel wollen. Alles nachzulesen auf unserem Blog.

Doch wir wollen noch mehr! Das was jetzt kommt ist neu! Und ergänzend zur ersten Rede:

Wohnraum ist wichtig. Doch die 10.000 Menschen, die noch herziehen, brauchen auch Arbeit, um ihre Wohnung bezahlen zu können. Die Arbeitswelt verändert sich. Es gibt mittlerweile 64.000 EPUs. Einzel-Personen-Unternehmen. Tendenz steigend. Zählen wir die Kleinunternehmen bis 9 Mitarbeiter noch hinzu sind es 100.000 – in Wien. Deswegen braucht es auch:

Räume zum Arbeiten. Dezentral, nutzungsgemischt im EG oder Stadtsockel.

Dafür sollte auch die Logik umgekehrt werden und statt nach Baublöcken zu entwickeln, sollten künftig Straßenzüge entwickelt werden. D.h. Straßen zeitnah beidseitig bebaut werden. Jetzt, einseitig bebaut, haben die Bewohner*Innen zwar länger eine schöne Aussicht, aber die Gewerbetreibenden haben es sonst doppelt schwer.

Der Nordbahnhof und Nordbahnwestbahnhof liegen am Plan so dicht beieinander – gefühlt so weit voneinander weg. Die Nordbahnstraße darf keine Zäsur und Barriere werden wie es die Lassallestraße zum Stuwerviertel ist. Hier wünschen wir uns eine Klammer, die beide Stadtentwicklungsgebiete verbindet und das die Entwicklung des Nordwestbahnhofs von dieser Klammer beginnt. 
Auch sollte die Ausgestaltung der Nordbahnstraße im Zuge der Neubebauung nicht nach Schema F erfolgen, sondern besonderes Augenmerk auf ein attraktives Vorfeld und die Zugänge zu den Gebäuden gelegt werden. Beide Straßenseiten sollen miteinander korrespondieren, damit hier ein attraktiver öffentlicher Raum ensteht.

In einer dichter werdenden Stadt sind Freiräume eine hohes Gut. Daher wollen wir, dass die Freie Mitte nicht angetastet wird, sondern als Erholungsraum von jetzt an und für immer frei bleibt – auch frei von temporärer Baustellenlogistik.

Und wir wollen keinen idealtypischen Mistplatz vom Stadtrand, der sich nicht integriert und nicht die innerstädtischen Rahmenbedingungen berücksichtigt. Denn um wieviel bequemer soll ein Mistplatz noch werden? Ein Mistplatz, den wir meist nur einmal im Jahr brauchen – oder weniger? In Zeiten wo Wiederverwertbarkeit, Reparaturfähigkeit und Kreisläufe wie cradle-to-cradle einen immer höheren Stellenwert bekommen? – Wie wichtig ist ein überdimensionaler Mistplatz, wenn dafür Wohnraum geopfert und dafür wertvolle Erholungsfläche direkt vor der Haustür verkleinert werden muss? Denn wenn man hier gut überlegt, geht es auch anders.

Wenn hier schon etwas verlagert wird, dann doch nicht um einen Mistplatz direkt an der Freien Mitte zu haben und Wohnungen zwischen Straßen- und Bahnlärm. Wenn schon verlagert wird, dann schlagen wir dort Nutzungen wie einen Gewerbehof – wie in Margareten oder einen Wirtschaftspark Breitensee vor. Damit entstünden auch mehr Arbeitsplätze vor Ort. Und Räume für Handwerk und Gewerbe, wo diese auch etwas Dreck und Lärm machen dürfen, denn diese sind Mangelware. Und warum soll das nicht mit einer städtischen Altstoffsammelstelle kombinierbar sein?

Wirtschaftspark Breitensee – © Rita Newman

Wir wollen ein resilientes Stadtquartier. Resilient, das heißt widerstandsfähig und robust, aber auch flexibel, das auf sich ändernde Nutzungsansprüche eingehen kann. Ein Grätzl das attraktiv ist und ein Angebot bietet, dass wir Zeit in unserem Grätzl verbringen. Zeit um unsere NachbarInnen kennen zu lernen. Damit sich Gemeinschaft herausbilden kann. Und damit Zusammenhalt. Und Zusammenhalt werden wir verstärkt brauchen können. Für all die Herausforderungen, die eine sich immer schneller verändernde Welt mit sich bringt. Denn diese lassen sich gemeinschaftlich leichter meistern.

Zugegeben: Komplex und keine leichte Aufgabe!

Doch wir haben bereits ein tolles Leitbild, einen neuen Prozess, einen installierten Qualitätssicherungsbeirat und die Kompetenz der vielen Beteiligten! Ihre Kompetenz!

Hier ist eine große Chance gemeinsam ein lebendiges und lebenswertes Quartier zu schaffen. Eine Chance, dass jede und jeder seinen Teil zum großen Ganzen beiträgt. Nicht als fragmentierte Teile, sondern abgestimmt – als Puzzlestücke, die ineinandergreifen. Abgestimmt, auch da wo die Akteure wechseln. Abgestimmt, auch dort wo zeitlich versetzt erst weiterentwickelt werden kann.

Auf dem Weg dorthin – in der Bearbeitung Ihrer Aufgabe – werden Sie sicher auch mal zu hören bekommen: „Das geht nicht! Das haben wir noch nie so gemacht!“ – Wir möchten Sie auffordern: 

Seien Sie kreativ! Nutzen Sie die vorhandenenSpielräume zum Ausverhandeln. Wo keine Spielräume sind – schaffen Sie welche!

Es lohnt sich!

Sie kreieren hier Lebensqualität für uns Menschen, die hier leben, leben werden und künftige Generationen.

Und wir, wir werden es Ihnen danken!

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