Nachlese zur 11. Nordbahnhofvorlesung mit dem Thema: Gemeinschaftsräume – Was frustriert, was funktioniert?

Am 27. Juni fanden sich in der Nordbahn-Halle interessierte BewohnerInnen der umliegenden Wohnbauten ein um mit Beatrice Stude und Judith Schübl von der IG Nordbahnhof ein Stimmungsbild zu den bestehenden Gemeinschaftsräumen zu machen und um Ideen für eine andere Praxis der bestehenden und einen Lerneffekt für künftige Bauvorhaben zu sammeln. Zudem war die Nordbahnhofvorlesung auch die Auftaktveranstaltung für das Tandem-Team von Meike Schalk und Beatrice Stude, die im Rahmen des zweiwöchigen Arbeitsprozesses von Care+Repair des Architekturzentrums Wien, zum Thema << Common Spaces – für Gemeinschaft sorgen >> viele Projekte nach dieser Vorlesung begingen und BewohnerInnen als auch andere AkteurInnen interviewt haben Eine Dokumentation dieser Interviews des Arbeitsprozesses läuft derzeit.

Die wichtigsten Botschaften dieser Nordbahnhofvorlesung an PlanerInnen und BauträgerInnen haben wir nachfolgend zusammengefasst. Dies zeigt wie wichtig die Säule soziale Nachhaltigkeit, als Teil des 4-Säulen-Modells in den Bauträgerwettbewerben ist.

Welche Ideen wollen wir den Bauträgern mitgeben?

  • Die Ausstattung der Gemeinschaftsräume sollte nach Einzug der BewohnerInnen gemeinsam mit diesen in einem moderierten Prozess umgesetzt werden. Für Moderation und Einrichtung sollte auch ein Budget zur Verfügung stehen. (Eine professionelle Moderation ab Einzug über mehrere Jahre mit Budget führte im Gebäude Ernst-Melchior-Gasse 18 zu einer sehr guten Nutzung der Gemeinschaftseinrichtungen die sich unter anderem durch eine starke Nutzung, hohe soziale Kontrolle durch die MieterInnen sowie das ausbleiben von Vandalismus auszeichnet. Somit wurden hier die besten Voraussetzungen für eine entstehende und zusammenwachsende Hausgemeinschaft geschaffen.
  • Eine von der Hausverwaltung anerkannte Kommunikationsmöglichkeit zwischen den MieterInnen wie etwa ein MieterInnenbeirat soll bei Einzug von den Bauträgern angeregt werden, ideal im oben genannten begleitenden Prozess.
  • Eine bauplatzübergreifende Nutzung der Gemeinschaftseinrichtungen ermöglicht mehr Nutzungsmöglichkeit und Vielfalt im Grätzel – darunter verstehen wir eine teilweise Öffnung der Gemeinschaftsräume über die Hausgemeinschaft hinaus und generell mehr Nutzungsmöglichkeiten zu gestatten. Die Spielplätze in den Höfen zeigen vor, dass es bauplatzübergreifend funktioniert.
  • Weniger ist Mehr – mit mehr Qualität hinsichtlich (Akustik, Gemütlichkeit und, Ausstattung, statt „nur“ Quadratmeter, also Fläche zu produzieren).

Was frustriert an den bestehenden Gemeinschaftsräumen?

  • Die Zugänglichkeit zu Gemeinschaftseinrichtungen ist ein großes Thema. Oft ist der Zugang nur eingeschränkt möglich. Z.B. muss man in einigen Wohnbauten den Schlüssel jedes Mal bei der Hausverwaltung abholen oder die Nutzungszeiten sind oft nicht bekannt oder passen nicht zu den Nutzungswünschen der BewohnerInnen.
  • Die nachträgliche Einrichtung der Räume durch die MieterInnen hat sich als schwierig erwiesen und so gibt es nach 5 Jahren immer noch fast leere und wenig genutzte Räume in einigen Wohnbauten – teilweise auch ohne Küche. Bei einem Projekt wurde die Aufstellung von Möbeln verhindert bzw. musste rückgängig gemacht werden, mit dem Argument des fehlenden TÜV-Zertifikates.
  • Sauna und Fitnessräume sind teilweise von MieterInnen nur eingeschränkt (zu schlechten Zeiten wie z.B. nur Freitag Nachmittags) zu nutzen, obwohl bei Einzug anderes versprochen wurde. Von anderen Gebäuden werden die Fitnesseinrichtungen auch über Airbnb mit angepriesen, zum Missmut vieler BewohnerInnen. Die Nutzung sollte geöffnet und einheitliche Regeln mit den MieterInnen/ EigentümerInnen ausverhandelt und festgelegt werden.
  • In einigen Gemeinschaftsräumen findet eine informelle kommerzielle Nutzung statt. In einigen Projekten können durch die kommerzielle Nutzung junge EPUs Fuß fassen und die BewohnerInnen profitieren davon z. B.: Yogastunde mit Rabatt für HausbewohnerInnen in Gemeinschaftsräumen.
  • Aus Haftungsgründen dürfen bestehende Gemeinschaftsräume in den meisten Fällen nur für private Zwecke und für hausinterne Personen verwendet werden. Veranstaltungen fürs Grätzel (Filmabende, Flohmärkte, Vorträge, etc.) dürfen nicht offiziell beworben werden und können nur informell stattfinden.
  • Einige Gemeinschaftsräume wurden durch Vandalismus beschädigt. Als Folge wurden sie zumeist erst einmal zeitweise komplett zugesperrt.
  • Die restriktive Nutzung von Gemeinschaftsräumen ist teilweise durch Vandalismus noch restriktiver geworden – hier werden Alle für das Tun Weniger abgestraft.
  • Schäden auf den Spielplätzen die von der Hausverwaltung betreut werden, werden oft ewig nicht repariert.

Was funktioniert?

  • In manchen Wohnbauten ist die Einrichtung der Gemeinschaftsräume in Abstimmung mit der Hausverwaltung gut gelungen und entspricht den Bedürfnissen der BewohnerInnen mit dem Ergebnis, dass kaum Vandalismus stattfindet und die Räume intensiv genutzt werden mit allen weiteren indirekten Vorteilen einer lebendigen HausbewohnerInnengemeinschaft
  • In den meisten Wohnbauten gibt es informelle BewohnerInnengruppen die sich um die Einrichtung ihrer Gemeinschaftsräume kümmern. Niederschwellige Kommunikationskanäle wären vielerorts wünschenswert bzw. ihre Unterstützung oder zumindest Nicht-Behinderung – wie z.B.: Infos am schwarzen Brett. In der derzeitigen Praxis werden Aushänge von MieterInnen oft sehr rasch von der Hausverwaltung entfernt. Dort wo sich informelle Strukturen gebildet haben und diese auch von der Hausverwaltung anerkannt werden funktioniert die Nutzung der Gemeinschaftsräume am besten.

Wie geht es weiter?
Meldet euch bei uns per Mail wenn ihr gemeinsam mit uns an dem Thema Gemeinschaftsraumnutzung weiter arbeiten möchtet. Oder kommt am Mittwoch, 13. Dezember um 19 Uhr zum  Nordbahnvierteltreff  beim Burgenländer. Dort wird Beatrice Stude erzählen was wir bis jetzt zum  Themenschwerpunkt „Gemeinschaftsräume im Nordbahnviertel“ gemacht haben und über weitere Projekte dazu erzählen.

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